Demenz ist eine Erkrankung, die sowohl die Betroffenen selbst als auch die Angehörigen und Freunde schwer trift. Laut der Weltgesundheitsorganisation litten im Jahr 2021 weltweit 57 Millionen Menschen an Demenz.
In der Wissenschaft betonen Experten, dass Demenz keine unausweichliche Folge des Alterns ist. Forscher fanden heraus, dass etwa die Hälfte der Fälle durch das Angehen von 14 bekannte Risikofaktoren verhindert oder verzögert werden könnte – darunter Hörverlust, Rauchen, Fettleibigkeit, übermäßiger Alkoholkonsum und soziale Isolation – sowie Bluthochdruck.
Bluthochdruck und Demenz – welcher Zusammenhang besteht?
Das Thema Blutdruck hat dabei zuletzt eine besondere Bedeutung bekommen. So wurde in vielen Zeitungsartikel davon berichtet, dass das gezielte Behandeln von Bluthochdruck das Demenzrisiko um 15 % senken könnte. Woher stammt diese viel diskutierte Zahl von 15%?
In der Fachzeitschrift Nature Medicine (link) berichteten Forscher aus China und den USA, dass in einer groß angelegten Studie 33.995 Menschen ab 40 Jahren mit unkontrolliertem Bluthochdruck aus 326 Dörfern im ländlichen China teilnahmen:
- Das Team wählte zufällig 163 dieser Dörfer aus. Die 17.407 Teilnehmer dort erhielten eine intensive Blutdruckbehandlung durch nicht-ärztliches Gesundheitspersonal – sogenannte „Dorfarzt“-Versorger. Diese Behandlung umfasste kostenlose oder günstige blutdrucksenkende Medikamente in individuell angepassten Dosierungen, Gesundheitscoaching zur Förderung der Medikamententreue und zu Lebensstiländerungen – wie Gewichtsabnahme, Alkoholverzicht und Salzreduktion – sowie Geräte und Anleitungen zur Blutdruckselbstkontrolle zu Hause.
- Die anderen 163 Dörfer – mit 16.588 Teilnehmern – erhielten die „übliche Versorgung“. Das bedeutete, dass der Blutdruck der Teilnehmer wie gewohnt in ihren regulären klinischen Einrichtungen behandelt wurde. Zwar wurden auch hier Lebensstiländerungen empfohlen und manche nahmen blutdrucksenkende Medikamente ein, doch erhielten keine weitere Unterstützungsmaßnahmen.
- Ergbnis: Vier Jahre später stellten die Forscher fest: 668 Teilnehmer aus der intensiv behandelten Gruppe erkrankten an Demenz – im Vergleich zu 734 in der Gruppe mit üblicher Versorgung. Die Auswertung deutet darauf hin, dass das Demenzrisiko in der intensiv behandelten Gruppe um 15 % geringer war.
Wie werden diese Ergebnisse diskutiert?
Eine Verminderung des Demenzrisikos von 15% klingt sehr viel. Aber ist diese Studie, trotz der großen Teilnehmerzahl, ein eindeutiger Beleg dafür?
Prof. Joanna Wardlaw von der University of Edinburgh, die nicht an der Studie beteiligt war, sagte, dass die Studie keinen Rückschluss darauf zulasse, wie stark Blutdruckkontrolle und Lebensstiländerungen jeweils einzeln zur Risikominderung beigetragen hätten – es handele sich wahrscheinlich um einen kombinierten Effekt.
Andere Experten betonten, dass ähnliche Studien nun mit längerer Nachbeobachtungszeit durchgeführt werden sollten und dass dieser Ansatz auch in anderen Ländern getestet werden müsse.
Prof. Tara Spires-Jones, Leiterin des Centre for Discovery Brain Sciences an der University of Edinburgh, sagte, die Studie „liefert weitere starke Belege für die Bedeutung der Blutdruckkontrolle und der Reduzierung kardiovaskulärer Risikofaktoren zum Schutz des Gehirns im Alter“. Sie fügte jedoch hinzu: „Es ist wichtig zu beachten, dass die Behandlung von Bluthochdruck keine Garantie darstellt – einige Menschen entwickelten trotz Behandlung eine Demenz.“
Welche Schlussfolgerung kann man aus diesen Ergebnissen ziehen?
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Blutdruckeinstellung allein eine Demenzerkrankung nicht sicher verhindern kann. Gleichzeitig hat eine Blutdruckeinstellung bei zu hohen Werte eine enorm hohe Bedeutung, um sowohl vielen Herz-Kreislauferkrankung als auch Nervenerkrankungen vorzubeugen.
Das Erkennen des Bluthochdrucks ist durch Messungen sehr einfach, die Diagnose jedoch häufig stark verzögert, da viele Menschen keine Symptome verspüren.
Schlussfolgernd empfiehlt die Deutsche Hochdruckliga regelmäßige Messungen ab dem 35. Lebensjahr (Stichwort Check-up 35) und ab dem 40. Lebensjahr oder bei Risikofaktoren (z.B. Übergewicht, Rauchen, etc.) jährlich.
Link zur Studie: Blood pressure reduction and all-cause dementia in people with uncontrolled hypertension: an open-label, blinded-endpoint, cluster-randomized trial